OneDrive Sync - Segen und Fluch

Microsoft OneDrive Sync ist eine extrem coole Sache: in vielen Fällen ist das kleine Tool, das schon länger mit Windows 10 direkt mitkommt der Retter für Anforderungen, die anderen Clouddiensten das "Genick brechen", weil die Usability unterirdisch wäre.

Microsoft hat es nicht so mit sinnvollen Namen

OneDrive Sync ist dem User - auch aufgrund der schrägen Namensgebung - oft schwer zu erklären:

Das Tool synchronisiert OneDrive-Cloudlaufwerke - so weit, so offensichtlich. Der Umstand, dass ODS aber sowohl OneDrive als auch OneDrive for Business (also private wie geschäftliche) Laufwerke verarbeitet und das auch gleichzeitig und optional mit mehreren der gleichen Sorte, ist nicht jedem klar. Ich nutze ODS beispielsweise mit dem geschäftlichen, mit dem Demo- und mit meinem privaten Tenant.

Richtig unsinnig wird der Name, wenn man sich vor Augen führt, dass ODS auch beliebige Sharepoint-Online-Dokumentenbibliotheken synchronisiert.

Wozu ist der OneDrive Sync denn nun?

Wenn ODS irgendeine der o.g. Cloud-Dateiablagen synchronisiert, sorgt das Tool dafür, dass der User eine Synchronkopie der Daten aus der Cloud auf seinem Computer im Dateisystem hat.

Das bedeutet: genau wie der User mit jedem Programm unter Windows auf eine Datei auf dem Laufwerk C: zugreifen kann, kann er auf die Cloud-Dateien zugreifen (im Wesentlichen weil ODS nichts andere tut, als die Dateien genau dorthin zu kopieren - auf die lokale SSD).

Das alleine würde allerdings noch nicht so furchtbar viel bringen - deswegen überwacht ODS sowohl die Cloudseite als auch die lokale Kopie und stellt sicher, dass Änderungen schnellstmöglich in beide Richtungen abgeglichen werden. Ändert also ein Kollege die Exceltabelle mit der Monatsplanung im Sharepointbereich den man mit ODS auf seinen Computer synchronisiert, merkt das ODS und holt sich die Änderungen sehr zeitnahe auf den Computer.

Umgekehrt werden Änderungen, die man selbst an der lokalen Kopie macht, schnellstmöglich in die Cloud verfrachtet und damit für die Kollegen verfügbar gemacht.

Die große Kunst liegt im "schnellstmöglich" und in der Art und Weise: ODS passt sich der aktuellen Netzwerksituation ziemlich gut an, solange sie nicht völlig unterirdisch ist (bei einer 1MBit-Verbindung für 5 User hilft eben auch das beste Bandbreitenmanagement nicht mehr). Das bedeutet, dass ODS meist unauffällig im Hintergrund werkelt und brav seinen Dienst verrichtet - selbst, wenn der User mal kurz von LAN zu WLAN wechselt, den Rechner komplett vom Netz trennt oder auch einfach herunterfährt. ODS kommt mit diesen Widrigkeiten klar und macht bei nächster Gelegenheit einfach dort weiter, wo es aufgehört hatte.

ODS kann seit einiger Zeit auch mit sehr großen Dateien gut umgehen, da es nicht mehr stur die ganze Datei übermittelt sondern vorzugsweise nur die Änderungen. Bei gleichzeitigen Änderungen online und offline kommt es aber im Zweifel zu Synchronisationskonflikten (wenn z.B. zwei Personen die gleiche Datei bearbeitet haben und eine davon offline war). Mit Office-Dateien kommt das aufgrund der neuen Option zur gleichzeitigen Bearbeitung zwar nur vor, wenn die beiden wirklich den exakt gleichen Inhalt bearbeitet hatten, aber ODS unterstützt in jeder Situation mit sinnvoller Hilfestellung.

In der ODS-Ablage auf dem Computer können Dateien vier Zustände habe:

1.) In Cloud - der Elementeintrag auf dem Computer ist praktisch nur ein "Lesezeichen" für das eigentliche Element in der Cloud und wird bei Bedarf heruntergeladen. Damit benötigen diese "Dateien" und "Ordner" so gut wie keinen Platz auf der eigenen SSD.

2.) in Arbeit - das Element wird gerade gesynct.

3.) implizit offline - das Element wurde vom User verwendet und musste daher heruntergeladen werden.

4.) explizit offline - der User hat bestimmt, dass das Element immer offline verfügbar sein soll.

Durch gezielten und bedachten Einsatz dieser Mechanismen kann verhindert werden, dass der eigene SSD-Speicher zugemüllt wird.

Letztendlich bedeutet das: der User kann mit Cloud-Dateien arbeiten, als wären sie auf seinem eigenen Rechner gespeichert. Das ist der Segen des Tools.

Doch wo liegt der Fluch?

Leider hat Microsoft - trotz vieler tollen Anpassungen in der Vergangenheit - ein paar Dinge nicht behandelt. Und die führen in der Praxis immer wieder zu teils massiven Problemen:

  • OneDrive Sync bekommt zwangsläufig ein Problem bei großen Dateimengen oder riesiger Ablagegröße. Was für den IT-Profi irgendwie logisch ist, erschließt sich für den Normaluser nicht unbedingt. Um Änderungen auf beiden Seiten verfolgen zu können, braucht OneDrive mit steigender Dateizahl/-größe viel RAM und Rechenleistung. Meine persönliche Empfehlung für leistungsfähige Computer liegt daher bei <100.000 Dateien und <100GB Gesamtgröße. Wer sich den Spaß am Umgang mit dem Tool erhalten will, visiert besser die Hälfte an. Dummerweise hindert ODS den User nicht an völlig Unsinnigen Aktionen à la "ich synchronisiere mir einfach ALLES". Oder auch nur "im Laufe der Zeit haben sich hier halt 800.000 Dateien angesammelt - jetzt ist mein Rechner so langsam".

    Interessanterweise war ODS jahrelang nur als 32-Bit-Version verfügbar. Mittlerweile gibt es die langersehnte 64-Bit-Version als Vorschau - ersten Tests nach, kommt diese deutlich besser mit großen Datenmengen und -volumen klar - vorausgesetzt der eingesetzte Rechner ist entsprechend potent

  • OneDrive Sync wehrt sich nicht massiv genug bei Sync-Problemen. Packt der User z.B. eine Datei in synchronisierte Ordner, die der Sync nicht verarbeitet, zeigt sich das durch ein rotes Kreuz auf dem Tray-Symbol.

    Schlimmer aber: der Sync wird vollumfänglich für alle Daten eingestellt, bis das Problem geklärt ist. Eine Garantie für eine Support-Katastrophe ist die Useraussage "ich habe gar nicht gemerkt, dass hier schon seit vier Wochen ein rotes X steht…"

  • Die einzelnen Sync-Ordner haben im Kontextmenü keine Option, den Sync zu beenden - der User muss sich durch die Einstellungen im ODS wühlen, den richtigen Ordner heraussuchen und dort die Synchronisation beenden. Völlig unsinnigerweise räumt ODS die auf dem Rechner verbleibenden Dateien aber nicht auf, sondern lässt sie einfach dort wo sie sind. Das führt zu Leichen, die nicht mehr synchronisiert werden, obwohl sie sehr danach aussehen: der User müsste sie selbst manuell löschen - einem IT-Laien ist das nicht wirklich zuzumuten.

  • ODS schützt die Sync-Ablagen nicht gegen manuelle Änderungen - so kann der User problemlos (und unsinnigerweise) einfach Ordner auf der Ebene der Sync-Ordner anlegen und damit für maximales Durcheinander sorgen.

  • Last but not least bietet ODS keinerlei Handling für überlappende Syncs mehrerer User auf dem gleichen System - sie werden einfach parallel in den Userprofilen abgelegt - das führt zwangsläufig zu schlimmen Speicherplatzproblemen auf Multiuser-Systemen oder gar Terminalservern.

Zurück
Zurück

Exchange Online: Mails landen (fälschlicherweise) im Spam-Ordner

Weiter
Weiter

M365 News April/Mai 2021